Mark Zuckerberg lässt die Maske fallen

Ich war bei Foursquare, Gowalla, Ginto, Latitude, Wave, irgendeinem Weintrinknachverfolgungsdienst, habe meine gesehenen Bücher, Kinofilme und Fernsehserien getrackt, u.v.m.

Ich habe am 22. November 2015 Twitter verlassen.
Ich habe am 3. Juni 2020 Instagram und Facebook verlassen.
Ich lese keinen WhatsApp Status, sehr wenige Blogs, so wenige Nachrichten wie möglich.

Sich ändernde Algorithmen, gefälschte Nachrichten, bösartige Bots und Trolle – Soziale Netzwerke machen es einem immer schwerer…aber das ist nicht der Hauptgrund, warum ich mich von ihnen verabschiedet habe.

Es wurde mir zu viel.

Ich habe einen herausfordernden Job (manchmal auch zwei oder drei), eine große, tolle Familie, Freunde und sogar noch ein eigenes Privatleben. Ich bin müde, fröhlich zu posten, wie gut es mir geht. Es geht mir besser, wenn ich mich nicht verpflichtet fühle, mitzuteilen, dass es mir gut geht. Klingt vielleicht paradox, ist aber so. Habe ich alle Posts meiner Freunde und Bekannten gesehen und ausreichend durch Likes, Retweets, Beantwortung und Kommentierung gewürdigt? Habe ich alle aktuellen Memes als erster gesehen? Ist meine Meinung die vorherrschende in diesem oder jenem Diskussionsstrang? Oder muss ich wieder nächtelang kommentieren?

Mit meinen entfernt lebenden Freunden, ehemaligen Kollegen oder Kommilitonen in Kontakt zu bleiben ist bei einigen nicht gelungen. Darüber bin ich traurig, aber ich habe auch kaum Kontakt zu meinem allerbesten Freund aus der Oberstufe, und der wohnt in Laufweite, ist mit einer anderen Jugendfreundin verheiratet, mit der ich über den Sport noch immer verbunden bin. Das ist manchmal einfach so.

Ich schreibe in mein eigenes Blog, das keiner liest, was mich aber nicht stört.

Ich schreibe Weihnachtskarten und -emails, Audio- und Video-telefoniere, verabrede und treffe mich mit Menschen.

Und jetzt noch das:

In den neuen öffentlichen „Gemeinschaftsstandards“ von Mark Zuckerbergs Meta heißt es zu „Hasserfülltem Verhalten“:

Wir erlauben Unterstellungen von psychischer Erkrankung oder Anomalien, wenn sie auf geschlechtlicher oder sexueller Orientierung basieren, angesichts des politischen und religiösen Diskurses über Transgenderismus und Homosexualität und der häufigen, nicht ernst gemeinten Verwendung von Wörtern wie ‚seltsam‘.

Ausdrücklich erlaubte Beleidigungen sind beispielsweise „Gays are not normal“, „Trans people are freaks“, „Trans people are immoral“ und „Trans people aren’t real. They’re mentally ill.“ Abwertende Begriffe wie „tranny“ (Transe) seien keine Beschimpfung; „Trannies are a problem“ oder „Get these trannies out of my school (beneath photo of high school students)“ seien zulässig.

Wahrscheinlich ist Stefan Niggemeiers Idee richtig, den öffentlichen Raum den anderen nicht kampflos zu überlassen. Die Frage ist nur, ob man diesen Kampf gewinnen kann? Und ob es nicht vielleicht besser wäre, die bereits vorhandenen inklusiveren nicht-Multimilliardären gehörenden Räume durch die eigene Aufmerksamkeit und Zuwendung zu stärken?

Ich mag keine Produkte von Ferrero, Nestle oder aus dem Axel Springer-Verlag. Ich kaufe sie nicht, sondern andere.

Das wichtigste Argument, warum man den Kampf gegen Twitter, Facebook und Instagram nicht gewinnen kann: Die Algorithmen.

Früher™ haben Twitter und Instagram mir einfach meine abonnierten Feeds angezeigt, und zwar in der Reihenfolge, in der die Einträge eingestellt worden sind. Das hieß passender Weise „Timeline“. Facebook war schon immer anders, aber nicht so kaputt wie 2020 oder heute.

Heute werden alle Tweets von Elon Musk allen gezeigt, und diejenigen, die Elon nicht passen, quasi niemandem. Instagram ist quasi nur noch Influencer-Quatsch. Und zu Facebook fällt mir gar nichts mehr ein (meine Frau liest da noch, weil viele Kleingewerbetreibende es nicht schaffen, sich eine Webpräsenz herzustellen und zu betreiben und sich lieber dort aufhalten).

Der hasserfüllte, Genderwahnsinn-schreiende, anti-woke, misogyne, man-darf-ja-wohl-gar-nichts-mehr-sagen Mob sieht „normale“ Posts nicht. Und die dazwischen und drumherum wahrscheinlich auch eher nicht.